Pressemitteilung -
Architekturpreis geht nach Köln: Kleines und Feines in Großstruktur
Köln. In den 1970er Jahren galten Großstrukturen wie Hochhäuser und große Wohnanlagen als die Antwort auf die steigende Nachfrage nach Wohnraum. 50 Jahre später steht die Frage nach bezahlbarem Wohnraum erneut im Fokus. Die Anforderungen an den Wohnstandard sind gestiegen, und die Wohnfläche pro Kopf hat sich deutlich auf 47 Quadratmeter vergrößert. „Die Fragen nach dem Lebensstandard, Angemessenheit und Anpassungsfähigkeit der bestehenden Strukturen stellen sich von ganz allein“, sagt Thorsten Pofahl. Der Architekt der Demo Working Group ging das Thema Wohnen beim Umbauprojekt mit seiner Frau Nancy in Köln-Poll radikal und neu an. In einem Schottenbau setzte er ein innovatives Wohnkonzept um, das die bestehende Bausubstanz nutzt und gleichzeitig neue, flexible Wohnräume schafft. Eine ausgezeichnete Planung: Das Projekt in Köln gewinnt beim diesjährigen Architekturwettbewerb „Das Goldene Haus“ der Bau- und Wohnzeitschrift Das Haus und LBS einen Sonderpreis und 1.000 Euro.
Der Gebäudekomplex, in dem die 82 Quadratmeter große Vier-Personen-Wohnung der Pofahls heute liegt, wurde seinerzeit in Schottenbauweise errichtet. Damit lassen sich Gebäude sehr effizient errichten, weil die Spannweite der Decken von Schotte zu Schotte reicht. Dieser Vorteil ist aber auch gleichzeitig sein größter Nachteil, denn die Raum- oder Gebäudebreite ist damit vorgeben. Die innere Aufteilung kann flexibel mit nichttragenden Wänden erfolgen. Diese Tatsache machte sich die Architekten zu eigen und entfernten alle leichten Wände. Die stehenbleibenden Betonwände wurden sandgestrahlt und roh belassen. „Unsere Arbeit zeigt, dass es möglich ist, alte Bauten an moderne Wohnbedürfnisse anzupassen, ohne dabei auf Effizienz und Wohnqualität zu verzichten“, so Pofahl.
Die Räume wurden quasi neu programmiert. Besonders im „ersten Schott“, dem öffentlichen Raum der Familie, wird die neue Flexibilität sichtbar: Eine Küchenzeile von Wand zu Wand, ein frei stehender Kühlschrank und bodentiefe Fenster, die den Raum zum Balkon hin öffnen, schaffen eine großzügige und zugleich moderne Wohnatmosphäre. Auf der anderen Seite ein Balkon mit bodentiefen Fenstern und Wohnzimmer samt Couch, Bücherregal und Fernseher.
Im „zweiten Schott“ setzen die Architekten auf Flexibilität: Verschiebbare Wände ermöglichen es, die Räume je nach Bedarf offen oder geschlossen zu gestalten. So können Kinderzimmer als ein großer Raum oder als zwei separate Rückzugsorte genutzt werden. Das Badezimmer kann ganz offen sein. Ebenso das Schlafzimmer der Eltern. „Diese Anpassungsfähigkeit an die Bedürfnisse der Bewohner macht unser Konzept zukunftsfähig“, so Thorsten Pofahl.
„Mit diesem Projekt zeigt die Familie Pofahl, dass auch großstrukturierte Gebäude aus den 1970er Jahren eine zeitgemäße und innovative Antwort auf die Frage nach bezahlbarem und zugleich flexiblem Wohnraum bieten können“, sagt LBS-Gebietsleiter Varujan Catak. Architekt und Jurymitglied Gunnar Brand aus der DasHaus-Redaktion: „Die typische, verwinkelte Wohnung mit kleinen Räumen wurde radikal und konsequent verwandelt zu einem offenen Wohnraum.“ Der diesjährige Bauherrenwettbewerb „Fit für die Zukunft“ habe gezeigt, wie wichtig, clever und effizient geplante Modernisierungen und Neubauten sind, um die Zukunft des Wohnens zu sichern. Insgesamt wurden bei der 42. Auflage des Wettbewerbs 80 Projekte aus ganz Deutschland eingereicht.