Pressemitteilung -
Gefürchtet und beliebt
Bambuspflanzen in der deutschen Rechtsprechung
Jeder hat sie schon einmal in Gärten oder Parks gesehen. Bambuspflanzen gehören auf deutschen Grünflächen zum alltäglichen Erscheinungsbild. Sie wachsen schnell, bilden einen blickdichten Sichtschutz, machen aber auch Grundstückseigentümer wegen ihres üppigen Wurzelwerks zu schaffen. Der Infodienst Recht und Steuern der LBS hat für seine Extra-Ausgabe einige Urteile deutscher Gerichte zu diesem Thema gesammelt.
Nicht nur ein Zaun aus Stein, Holz oder Kunststoff kann als störend empfunden werden, sondern auch ein natürlicher „Zaun“ aus Bambus. Mit solch einem Fall hatte es das Verwaltungsgericht München (Aktenzeichen M 11 K 14.5641) zu tun. Das strittige Objekt war zwei Meter hoch und undurchsichtig. Es wirkte wie eine geschlossene Wand und verstieß damit gegen die Ortsgestaltungssatzung. Der Bambuszaun musste entfernt werden.
Zu einem echten Problem können sich die Wurzeln der Bambuspflanzen entwickeln, die in der Lage sind, binnen kurzer Zeit Grundstücke zu durchwuchern. Wenn ein Immobilienverkäufer davon weiß, muss er dies nach Ansicht des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Aktenzeichen 21 U 82/13) dem Kaufinteressenten auch mitteilen. Sonst macht er sich haftbar, weil er einen Mangel des Grundstücks verschwiegen hat.
Ist ein Anwesen erst einmal komplett von Wurzeln unterwuchert, sind aufwändige Maßnahmen nötig, um es wieder normal nutzen zu können. Manchmal sind aber selbst solch massive Schäden beim Besichtigen des Grundstücks nicht zu erkennen. Das Oberlandesgericht Köln (Aktenzeichen 5 U 93/17) verurteilte einen Verkäufer zu 20.000 Euro Schadenersatz, weil er nichts davon erwähnt hatte.
Ein Expertenwissen ist nicht erforderlich, um die negativen Folgen einer Bambusanpflanzung einschätzen zu können. Das Landgericht Düsseldorf (Aktenzeichen 7 O 135/10 U) stellte fest, dass selbst ein Laie etwas von einer tiefgreifenden Verwurzelung ahnen muss, wenn er selbst über Jahre hinweg Triebe beseitigen musste.
Auf Spielplätzen stellen um Bäume gewickelte Bambusmatten eine beliebte Schutzmaßnahme dar. Das Landgericht Stuttgart (Aktenzeichen 15 O 228/08) hatte gegen diese Methode nichts einzuwenden. Es ging konkret um einen Baum, der am Rande des Spielplatzes gepflanzt war. Einige der Latten dieser Bambusmatten standen etwas ab, woran sich ein Kind verletzte. Trotzdem lag keine Verletzung der Verkehrssicherheitspflicht vor.
Wie ist Bambus juristisch überhaupt einzuordnen? Hier sprach das Oberlandesgericht Karlsruhe (Aktenzeichen 12 U 162/13) ein wegweisendes Urteil. Eine Bambusanpflanzung sei rechtlich als Hecke zu betrachten, selbst wenn die Botanik sie den Gräsern und nicht den Gehölzen zuordne. Diese juristische Einordnung ist folgenreich – zum Beispiel dann, wenn es um das Einhalten von Grenzabständen geht.
Genau mit solchen Grenzabständen musste sich das Amtsgericht Aachen (Aktenzeichen 10 C 278/00) befassen. Ein Bambusstrauch befand sich vermeintlich um fünf Zentimeter zu nahe am Gartenzaun zum Nachbarn und hätte deswegen entfernt werden müssen. Doch dann stellte sich bei weiteren Recherchen heraus, dass der Zaun gar nicht die exakte Grundstücksgrenze markierte und der Bambus in Wahrheit 15 Zentimeter „Sicherheitsabstand“ zur Grenze hatte. Er durfte bleiben.
In einem anderen Fall wurde darum gestritten, wie eine Grenzbepflanzung in Hanglage zu bewerten sei, sprich: von welchem Ort aus gemessen werden müsse. Hier stellte der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen V ZR 230/16) fest, dass die nach den nachbarrechtlichen Vorschriften zulässige Höhe der Hecke vom Geländeniveau des höher gelegenen Grundstücks aus zu messen sei. Ein Anspruch auf Rückschnitt entstehe erst, wenn die Hecke unter Hinzurechnung der Differenz zwischen dem Geländeniveau des tiefer gelegenen Grundstücks, auf dem sie steht, und des höher gelegenen Grundstücks die zulässige Pflanzenwuchshöhe überschritten hat.