Direkt zum Inhalt springen
Seit 2008 über 1 Million verhinderte Wohneigentümer

Pressemitteilung -

Seit 2008 über 1 Million verhinderte Wohneigentümer

Die Zahl der Ersterwerber von Wohneigentum ist laut einer neuen Kurzstudie im Trend seit Jahren rückläufig. LBS-Verbandsdirektor: Die Bundesregierung steuert mit ihrer Wohnungspolitik nicht angemessen dagegen.

BERLIN – Immer weniger Menschen in Deutschland schaffen den Sprung in die eigenen vier Wände. Im Jahr 2020 zogen nach Berechnungen des Berliner Forschungsinstituts empirica nur noch rund 370.000 Haushalte aus einer gemieteten Wohnung in ein Eigenheim oder eine Eigentumswohnung um – gut 90.000 weniger als gemessen an früheren Jahren zu erwarten gewesen wären.

Da die amtliche Statistik keine Auskunft darüber gibt, wie vielen Menschen es jährlich gelingt, erstmals Wohneigentum zu erwerben, hat empirica dies im Auftrag der Landesbausparkassen (LBS) anhand von Daten aus dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) rückblickend bis zum Jahr 1990 ermittelt. Um beurteilen zu können, in welchen Zeiten die Wohneigentumsbildung besonders schwierig oder eher leicht war, wurde die Zahl der Ersterwerber-Haushalte zusätzlich ins Verhältnis zur Entwicklung der typischen Zielgruppe der 30- bis 50-Jährigen gesetzt.

Das Ergebnis: In den Jahren von 2008 bis 2020 gelang der Ersterwerb von Wohneigentum deutlich seltener als im konjunkturell unauffälligen Referenz-Zeitraum 2003 bis 2007. Lag die Relation in diesen Jahren bei durchschnittlich 2,2 Prozent der 30- bis 50-Jährigen, waren es ab dem Beginn der Finanzkrise 2008 zumeist weniger als 2 Prozent. Einen Tiefpunkt markiert das Jahr 2017 mit 1,5 Prozent beziehungsweise 316.000 Ersterwerbern, aber auch 2020 betrug die Quote gerade einmal 1,8 Prozent. In den 1990ern Jahren dagegen war eine Relation von um die 2,5 Prozent üblich.

Axel Guthmann, LBS-Verbandsdirektor, zu den Gründen für die schwächelnde Eigentumsbildung: „Die Ersterwerberzahlen waren in den vergangenen Jahren vor allem deshalb so niedrig, weil immer weniger Haushalte das nötige Eigenkapital zur Finanzierung der stark gestiegenen Bau- und Kaufpreise aufbringen konnten. Noch Schlimmeres hat letztlich wohl das Baukindergeld verhindert.“

Durchschnittlich fiel die Wohneigentumsbildung zwischen 2008 und 2020 um gut 84.000 Ersterwerber-Haushalte pro Jahr zu niedrig aus. „Deutschland blickt damit auf die traurige Bilanz von mehr als 1 Million verhinderte Wohneigentümer binnen 13 Jahren zurück“, ordnet Guthmann das zentrale Ergebnis der Kurzstudie ein. „All diese Menschen belasten den Mietwohnungsmarkt nun noch zusätzlich.“

Vor diesem Hintergrund sind die Pläne der Bundesregierung für eine Neujustierung der Förderkulisse kritisch zu bewerten. Die von Bundesministerin Klara Geywitz bereits kommunizierten Eckpunkte lassen erkennen, dass für die Unterstützung der Wohneigentumsbildung nicht mehr viel an Mitteln übrig geblieben ist.

Verbandsdirektor Guthmann zu den Knackpunkten: „Erstens: Verglichen mit dem Baukindergeld, für das der Bund über einen Zeitraum von gut drei Jahren fast 10 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt hat, nehmen sich die jetzt jährlich für einkommensschwächere Familien vorgesehenen 350 Millionen Euro sehr bescheiden aus. Zweitens soll der Bestandserwerb – auf den immerhin zwei Drittel des Baukindergelds entfielen – gar nicht mehr gefördert werden, sondern ausschließlich der Neubau – und zwar nur noch jener Neubau, der die höchsten energetischen Anforderungen erfüllt.“

Darin sieht Guthmann das dritte Problem: Familien mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen unterhalb der vorgesehenen Grenze von 60.000 Euro werden sich die Baukosten für den anspruchsvollen Effizienzhaus-40-Standard in der Regel schlicht nicht leisten können. Zudem dürfe nicht übersehen werden, dass zwar weiterhin allen Marktteilnehmern die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) sowohl für den Neubau als auch für energetischen Sanierung offen stehe, diese jedoch bis vor wenigen Monaten für jeden einzelnen um einiges üppiger ausgefallen sei. „Kurzum: Was das Bundesbauministerium hier vorhat, ist keine Wohneigentumsförderung für Familien, sondern nur ein kleiner Extra-Topf für Familien innerhalb einer gekürzten energetischen Neubauförderung für alle. Das wird nicht reichen, um den Rückgang der Eigentumsbildung zu stoppen, geschweige denn, diese unter den erschwerten Bedingungen mit steigenden Zinsen und unkalkulierbaren Materialkosten wieder auf ihr einstiges Niveau zu heben“, so Guthmann. Mehr Menschen ins Wohneigentum zu bringen sei aber essenziell für eine bessere private Vermögensbildung und Altersvorsorge.

Leider habe das selbstgenutzte Wohneigentum auch im Bündnis bezahlbarer Wohnraum wohl keine große Rolle gespielt, wie die heute veröffentlichten Ergebnisse erahnen ließen. Die wenigen geplanten Maßnahmen seien ähnlich vage formuliert wie im Koalitionsvertrag, bedauert Guthmann. Die Landesbausparkassen appellieren an die Politik, das noch Machbare zu tun und nicht auf die lange Bank zu schieben. Dazu gehört zuvorderst eine Entlastung bei der Grunderwerbsteuer – mindestens für den erstmaligen Bau oder Kauf von Wohneigentum durch Familien. Dies könnte eine nun fehlende substanzielle Wohneigentumsförderung kompensieren.

Themen

Kategorien

Kontakt

Dr. Ivonn Kappel

Dr. Ivonn Kappel

Pressekontakt Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen 030202255398
Irina Berenfeld

Irina Berenfeld

Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen / Wohnungs- und Vermögenspolitik / LBS Research 030 20225-5399